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Zuletzt aktualisiert: 1. 10. 2020

Kasparov Revolution in the 70s

Kasparov. Revolution in the 70s
Garry Kasparov on Modern Chess – Part 1: Revolution in the 70s
Könnt ihr alle Spieler identifizieren? 😁 Ich hab auf Anhieb auch nur 12 erkannt!

Das gebundene Buch ist 2007 bei Gloucester Publishers (Everyman Chess Series) erschienen und umfasst 416 Seiten. Format: 41½ × 59 Pica (ca. 175 × 250 mm). Es ist der erste Teil von »Garry Kasparov on Modern Chess«. In den anderen drei Teilen geht Garri Kasparov sehr ausführlich auf seine Wettkämpfe um die Weltmeisterschaft mit Anatolij Karpov ein: Im zweiten Band die Periode von 1975 bis 1985, dann im dritten Teil von 1986–1987 und schließlich im letzten Teil die Zeit von 1988–2009. Die Übersetzung besorgte der erfahrene Übersetzer Ken Neat.

Um das Buch einordnen zu können, muss ich bemerken, dass Kasparov neben dieser Reihe noch zwei weitere Reihen geschrieben hat. Einmal das neue Standardwerk in fünf Bänden »My Great Predecessors«, worin alle früheren Weltmeister und andere herausragende Spieler behandelt werden. Und zum anderen der Dreiteiler »Garry Kasparov on Garry Kasparov«. Leider gibt es nur von der »Weltmeisterserie« eine deutsche Übersetzung (diese in sieben Bänden bei der Edition Olms erschienen). Das sollte jedoch kein Problem sein, denn das Englisch ist einfach und gut zu verstehen.

Was ist nun das Besondere an den Revolutions? Ganz einfach: Der Top-Insider lässt uns teilhaben an der revolutionären Entwicklung der Eröffnungstheorie in diesen Jahren (er erweitert diese Periode durchaus bei Bedarf bis in die Achtziger hinein). Das Wissen, welches sonst nur die Top-Großmeister durch ihre Praxis erworben haben, muss nicht mühsam selbst erarbeitet werden, indem man hunderte oder tausende von Meisterpartien studiert und mühselig allgemeine Schlüsse daraus erarbeitet. Nein: Denn Garri Kasparov nimmt uns mit auf die Reise zu den Großmeister-Geheimnissen jener Zeit, wie sie nach und nach die Varianten erarbeitet, verbessert und erweitert haben. Zeigt uns, welche Rückschläge hingenommen werden mussten und welche Triumphe die häusliche Vorbereitung eingebracht hat. Nur um am Ende schließlich in der Gegenwart zu landen. Damit können wir Laien endlich verstehen, warum man bestimmte Zugfolgen so und so spielt und nicht anders. Warum bestimmte Varianten unspielbar geworden sind und warum heute dieses oder jenes System bevorzugt wird.

Ich habe selten so viele Aha-Erlebnisse gehabt wie bei der Lektüre dieses Buches!

Die restlose Begeisterung lieferten mir dazu die beiden Kapitel 8 und 9, wo es um die Grünfeld-Indische Verteidigung geht. Im achten Kapitel das wahrscheinliche Highlight des Buches, wo Kasparov die Entwicklung der Hauptvariante (1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 d5 4. c×d5 S×d5 5. e4 S×c3 6. b×c3 Lg7) super verständlich und super einleuchtend erklärt (bis weit in die Achtziger hinein). Die Entwicklung umfasst auch den »Mysterious rook move« und Lieblingszug von Boris Gelfand (8. Tb1). Im neunten Kapitel dann noch einen kurzen Einblick in den »Ungarischen« Grünfeld, also das System gegen das sogenannte Russische System (5. Db3). Das ist deshalb wichtig, weil dieser Damenausfall schon sehr lange bekannt ist und zum Beispiel im Weltmeisterschaftskampf 1935 zwischen Euwe und Aljechin erfolgreich eingesetzt wurde.

Aber es gibt noch viele andere Perlen in diesem Buch! Ein anderes Lieblingskapitel geht um die Tscheljabinsk-Variante, die bei uns Sveshnikov-Sizilianer heißt. Oder das Chamäleon (»Chebanenko«-Slawisch), also Slawisch mit 4. … a6.

Ich kann deshalb dieses Meisterwerk nur jedem Lernenden empfehlen, wenn ihr die Eröffnungen tatsächlich verstehen wollt.

Einen weiteren Pluspunkt muss ich anfügen. Alle Werke von Garri Kasparov gibt es auch als E-Book. Bei den meisten sogar im ChessBase- und PGN-Format. Ich habe die Bücher und die Daten 😁

Verarbeitung und Ausstattung: Das Buch ist gebunden und mit einem festen und stabilen roten Buchdeckel versehen. Auf dem geraden Rücken steht der Titel in Silberfolienprägung. Die Seiten lassen sich komplett aufschlagen, sodass die Doppelseite gut lesbar vor dir liegt. Das ist für ein »Arbeitsbuch« unbedingt empfehlenswert. Beim Papier handelt es sich um ein hochweißes Standard-Offset-Papier, mit relativ schlechter Opazität. Das macht jedoch nicht so viel aus, weil praktisch nur Text und Diagramme vorkommen, wobei der Hauptteil zweispaltig gesetzt wurde. Überhaupt ist das Buch im typischen Everyman-Verlagsstil gesetzt. Kein anspruchsvolles Design, was bei dieesr Reihe nicht unbedingt erforderlich ist, aber gut zu lesen.

Am Ende des Buches findet der List gebundenesende ein Verzeichnis der vollständigen Partien.

Dieses Buch darf in keiner Schachbibliothek fehlen. Unbedingt kaufen!

Wertung

Inhalt

95 %

Ausstattung

75 %

Gestaltung & Typografie

Pluspunkt einheitliches Design der ganzen Reihe
Minuspunkt die Gestaltung ist mir etwas zu simpel; zu knappe Ränder

Zielgruppe

DWZ 1800–2500; Trainer; für Spieler, die die Entwicklung einer Eröffnung interessiert